Der Kampf um die Selbstständigkeit
Zu Beginn der 70er-Jahre wurden die ersten Details zur geplanten Kreis- und Gemeindereform bekannt. Schnell wurde klar, dass der Kreis Vaihingen, zu dem Oberriexingen bis dahin gehörte, nicht erhalten blieb. Der Kreis sollte, nach 250 Jahren Oberamt und 35 Jahren Landkreis, aufgeteilt werden zwischen Ludwigsburg und Pforzheim. In einer Bürgerversammlung am 10. März 1971 wurde deutlich, dass man zum Kreis Ludwigsburg tendierte. Die Wellen schlugen zwar hoch, jedoch entfachte der Orkan erst, als Details der Gemeindereform bekannt wurden: Oberriexingen sollte seine Selbstständigkeit verlieren und eingemeindet werden. Ein zusätzliches Problem stellte die im Jahre 1971 vakante Stelle des Bürgermeisters dar. Der Sersheimer BM übte dieses Amt als Amtsverweser in Oberriexingen aus. In der Bürgerversammlung am 10. März 1971 sprach sich die große Mehrheit für eine Selbstständigkeit aus und dafür, dass die Stelle des Bürgermeisters ausgeschrieben wird.
Bei der nun folgenden Wahl vereinte Willi Baur, der der Stadt Oberriexingen anschließend 38 Jahres als BM erhalten blieb, die meisten Stimmen auf sich. Damit war ein Zusammenschluss mit Unterriexingen vom Tisch. Die Gemeinde Riexingen, im 12. Jahrhundert Realität, war von den Oberriexingern abgelehnt.
Mit Vaihingen wurde eine Verwaltungsgemeinschaft vereinbart. Darunter ist zu verstehen, dass bestimmte Aufgaben von einer Gemeindeverwaltung erledigt werden, aber die Selbstständigkeit und Endscheidungsgewalt der Gemeinde erhalten bleibt. Damit war das letzte Wort über die Selbstständigkeit nicht gesprochen. 1973 wurde das Konzept des Ministeriums bekannt, es sah vor, Oberriexingen nach Sersheim einzugemeinden. Die neue Gemeinde hätte den Namen "Stadt Sersheim" erhalten. Nun folgte ein knappes Jahr "des Kampfes". Ein Bürgerkomitee wurde gegründet, jeder versuchte seine Verbindungen zu einflussreichen Persönlichkeiten zu aktivieren, das Bürgerkomitee koordinierte die Aktionen und "Public-Relations-Aktivitäten". Aufkleber, Spruchbänder, Schallplatten, offene Briefe, Zeitungsberichte, ....
Am 20. Mai 1973 führte die Verwaltung eine Abstimmung durch, das Ergebnis war überzeugend: 97 % für die Selbstständigkeit, 3 % (23 Stimmen) dagegen. Der ehemalige BM Baur schrieb einen Brief an den damaligen Innenminister Schiess in dem er alle Argumente gegen die Eingemeindung auflistete.
In Sersheim sah man das etwas anders. Der Sersheimer BM hielt die vorgesehene "Stadt Sersheim" für die einzige Möglichkeit, die Gemeindereform auch in diesem Bereich mit einer akzeptablen Lösung abzuschließen. Anfang Februar 1974 schloss das Kabinett seine Beratungen über die Gemeindereform ab, an 44 Stellen wurde der Entwurf geändert. Eine dieser Änderungen: Oberriexingen bleibt selbstständig. Es war geschafft!
Texte, leicht gekürzt, aus dem Buch: "Oberriexingen im Wandel der Zeit"