Im Jahr 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Einheitsbewertung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. In Reaktion darauf einigten sich die Regierungsfraktionen im Bundestag im Juni 2019 auf ein neues, bundesweites Grundsteuermodell. Darauf aufbauend wurde das Landesgrundsteuergesetz (LGrStG) für Baden-Württemberg im Jahr 2020 erlassen, das die rechtliche Grundlage für die Erhebung der Grundsteuer im Land bildet. Ab dem 1. Januar 2025 tritt bundesweit die neue Grundsteuerreform in Kraft.
Die neuen Bewertungsverfahren
Grundsteuer A (Land- und forstwirtschaftliche Flächen):
Die Bewertung erfolgt künftig nach dem Ertragswertverfahren. Eine wesentliche Veränderung besteht darin, dass nicht nur der Flächenwert, sondern auch der Bodenrichtwert zur Bemessung der Steuer herangezogen wird. Damit verschiebt sich der Fokus von der reinen Flächengröße hin zum Marktwert des Grundstücks. Zudem spielt der Ertragswert des Grundstücks eine entscheidende Rolle bei der Steuerberechnung.
Was hat sich geändert?
Bisher wurde für land- und forstwirtschaftliche Flächen hauptsächlich die Größe der Fläche herangezogen, um die Steuer zu berechnen. Ab 2025 wird zusätzlich der Bodenrichtwert berücksichtigt, also der Wert, den das Grundstück auf dem Markt hat. Diese Änderung kann dazu führen, dass die Steuerlast für Eigentümer je nach Wertentwicklung des Grundstücks ansteigt oder sinkt. Der Ertragswert wird ebenfalls in die Berechnung einbezogen. Dabei wird der zu erwartende Ertrag aus der Nutzung der Fläche berücksichtigt.
Zum Beispiel könnte ein landwirtschaftlicher Betrieb in einer Region mit hohem Bodenrichtwert, etwa in der Nähe von Ballungsräumen, aufgrund des steigenden Marktwerts des Bodens eine höhere Steuerlast haben. Ein landwirtschaftliches Grundstück in einer abgelegenen Gegend mit niedrigem Bodenrichtwert könnte hingegen eine geringere Steuerlast erfahren, da der Marktwert des Grundstücks niedriger ist. Auch der Ertragswert spielt eine Rolle: Eine intensiv genutzte Ackerfläche in einer Region, die hohe Erträge erzielt, könnte durch die Berücksichtigung des Ertragswerts eine höhere Steuerlast erhalten. Hingegen könnte ein landwirtschaftliches Grundstück, das wenig oder gar keine Erträge erzielt, aufgrund des niedrigeren Ertragswerts eine geringere Steuerlast aufweisen.
In Oberriexingen wurde der Hebesatz für die Grundsteuer A von 320 % auf 880 % angehoben, um die Reform auszugleichen.
Grundsteuer B (bebaute oder bebaubare Grundstücke/Gebäude):
Für bebaute und bebaubare Grundstücke wurde ein neuer Bewertungsansatz eingeführt. Zentrale Bausteine dieser Bewertung sind die Grundstücksfläche, der Bodenrichtwert und die vom Finanzamt festgelegte Steuermesszahl. Diese neue Methode unterscheidet sich erheblich vom bisherigen Modell und sorgt für eine differenziertere Berechnung der Steuer.
Was hat sich geändert?
Statt nur die Fläche oder den Gebäudewert heranzuziehen, fließen nun drei Faktoren in die Berechnung ein: die Grundstücksfläche, der Bodenrichtwert und eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl. Dadurch wird der tatsächliche Wert des Grundstücks und seiner Lage stärker berücksichtigt, was zu einer differenzierten Steuerlast führen kann, die je nach Lage und Wert des Grundstücks variieren kann.
Einige Beispiele: Ein Einfamilienhaus in einer Innenstadtlage könnte durch den höheren Bodenrichtwert und die Berücksichtigung des Marktwerts der Fläche eine höhere Steuerlast haben. Ein Grundstück in einem abgelegeneren Gebiet, zum Beispiel in ländlichen Regionen, könnte aufgrund des geringeren Bodenrichtwerts eine niedrigere Steuerlast haben. Auch bei Neubaugebieten kann es Unterschiede geben: Ein Grundstück in einem neuen Baugebiet, das noch nicht vollständig erschlossen ist, könnte zu Beginn eine geringere Steuerlast haben, während es mit zunehmender Erschließung und steigender Nachfrage im Laufe der Jahre eine höhere Steuerlast haben könnte. Schließlich könnte ein großes Gewerbegrundstück in einer wirtschaftlich starken Region aufgrund seiner Größe und des hohen Bodenrichtwerts eine erhebliche Steuerlast tragen.
Für die Grundsteuer B wurde der Hebesatz von 380 % auf 180 % gesenkt. Das Hebesatzrecht liegt ausschließlich beim Gemeinderat und kann von diesem im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben angepasst werden.
Konsequenzen des Landesgrundsteuergesetzes Baden-Württemberg
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2019 und die damit verbundenen gesetzlichen Änderungen haben Auswirkungen auf die Steuermessbescheide, die von den Finanzämtern erstellt und an die Kommunen weitergegeben werden. Diese Steuermessbescheide sind für die Kommune verbindlich und müssen entsprechend umgesetzt werden.
Der Grundsteuermessbetrag setzt sich aus dem Grundsteuerwert und der gesetzlich festgelegten Grundsteuermesszahl zusammen. Der Grundsteuerwert ist der ermittelte Wert des Grundstücks, der sich aus den verschiedenen Bewertungsparametern (wie Bodenrichtwert, Fläche, Ertragswert etc.) ergibt. Dieser Wert wird mit der Grundsteuermesszahl multipliziert, die für alle Kommunen einheitlich vorgegeben ist. Die Messzahl beträgt in der Regel 1,3 Promille. Für Grundstücke, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, liegt die Messzahl jedoch bei 0,91 Promille, um das Grundbedürfnis Wohnen zu entlasten.
Auf diesen Grundsteuermessbetrag wird dann der Hebesatz der Kommune angewendet, der von der jeweiligen Kommune festgelegt wird. In Oberriexingen hat der Gemeinderat am 15. Oktober 2024 über die neuen Hebesätze entschieden. Die Kommune hat daher keinen Einfluss auf die Belastungsverschiebungen, die durch die gesetzlichen Vorgaben entstehen.
Ziel der Reform ist es, die Hebesätze aufkommensneutral zu gestalten. Das bedeutet, dass durch die Anpassung der Hebesätze insgesamt weder höhere noch niedrigere Einnahmen für die Kommune erzielt werden sollen, als es vor der Reform der Fall war. Die alten Hebesätze konnten aufgrund der neuen Bewertungsmethodik nicht mehr verwendet werden, weshalb die neuen Hebesätze notwendig wurden.
Es ist ebenfalls wichtig zu wissen, dass der Hebesatz einer Kommune nicht mehr einfach mit denen in benachbarten Städten und Gemeinden vergleichbar ist. Die neue Bemessungsgrundlage macht einen solchen Vergleich nicht mehr möglich, da unterschiedliche Berechnungsgrundlagen zugrunde liegen. Auch haben manche Kommunen, wie beispielsweise Sersheim, die Reform nicht aufkommensneutral umgesetzt, wodurch es nicht möglich ist einen Vergleich anzustellen.
Bei Fragen oder Unklarheiten steht Ihnen die Stadtverwaltung Oberriexingen gerne zur Verfügung.